Die Documenta ist wohl jedem ein Begriff. Egal ob Kunstliebhaber, Kunstkenner oder Ignorant – doch ein jeder kennt sie, niemand kommt an ihr vorbei. Alle fünf Jahre werden beeindruckende, faszinierende, aufrüttelnde oder verstörende – vielleicht auch bildende – Werke der zeitgenössischen Kunst in Kassel ausgestellt. Dieses Jahr kann ich die Documenta endlich einmal selbst besuchen.
Spektakuläre zeitgenössische Kunst auf der Documenta in Kassel
Natürlich weiß ich um den großen Besucherandrang in Kassel – dies hält mich aber nicht davon ab, mit einer befreundeten Kunst-Studentin nach Kassel zu reisen, um zeitgenössische Kunst in all ihren Facetten zu erleben. Die bekannte Ausstellung besteht keinesfalls nur aus Exponaten, die an Wänden hängen. Nein, wir entdecken zahlreiche Skulpturen, Klanginstallationen und Performances, weitab von „gewöhnlicher“ Museumskunst. Viele Werke befinden sich im öffentlichen Raum und sind alles andere als zurückhaltend.
Als erstes werden wir Zeugen der „Spinal Discipline“- Performance. Hier wird eine Armee von schönen Frauen beim Spazierengehen gezeigt. Auf ihren Köpfen sind Bücher gestapelt. „Was möchte uns dieses Werk denn eigentlich sagen?“, murmele ich. Dass Bildung nicht im Vorbeigehen genossen werden sollte, sollte klar sein. Vielleicht wird hier aber auch auf die immer noch währende Emanzipierung von Frauen im Berufsleben angespielt. Die Gehälter liegen schließlich meist immer noch jenseits außer Reichweite von derer der männlichen Kollegen.
Documenta in Kassel: Kunst von Blut, Futurismus und Flüchtlingen
Auf der Kasseler Karlswiese können wir „Die Blutmühle“ des mexikanischen Künstlers Vega Macotela bewundern, dessen Münzgepräge an das Blut von Sklaven erinnern soll. Diese hatten an ebensolchen Gerätschaften geschuftet, dabei ist ihr Blut oftmals in das Holz der Geräte gesickert. Für mich ist dieses Konstrukt eines der besten Ideen der Documenta, da es so echt und authentisch wirkt.
Das auffälligste Werk ist natürlich – vielleicht auch, da im Vorfeld schon so viel darüber zu hören war – der „Parthenon der Bücher“ von Marta Minujin. Das Gerüst sieht aus wie ein griechischer Tempel und soll die verbotenen oder einst verbotenen Bücher zeigen. Der Hintergrund wird vermutlich auf die im Jahre 1933 durch die Nationalsozialisten initiierten Bücherverbrennungen in Kassel zurückgehen. Der imposante Flucht-und-Exil-Obelisk von Olu Oguibe bleibt mir ebenfalls lebhaft in Erinnerung. In vier Sprachen pragt der Schriftzug „Ich war ein Fremdling, und ihr habt mich beherbergt“ auf dem Denkmal auf dem Kasseler Königsplatz. Kurz darauf gehen wir ins Innere des hessischen Landesmuseums.
Ich bin erfreut darüber, dass auch futuristische Exponate den Weg in die „documenta“ gefunden haben: „Jali“ von Nevin Aladağ ist beispielsweise solch ein Werk. Futuristische und endzeitlich wirkende Zahnräder sind hier zu einem einzigartigen Kunstwerk verschmolzen. Das Lieblings-Ausstellungsstück von meiner Kunst-Freundin ist „The Living Pyramid“ von Agnes Denes. „Es erinnert mich so an unsere Ursprünglichkeit, zu Zeiten, als die Natur noch über die Erde herrschte. Und natürlich auch ein wenig an die hängenden Gärten, an die babylonische Zeit“, schwärmt sie.
Wir schauen uns weitere Werke der zeitgenössischen Kunst an: „Koennteteichsein“ von Miriam Cahn zeigt wunderschöne Meeres- und Menschenillusterationen, während wir zum Schluss unserer Tour Gefallen an Hans Haeckes „Wir alle sind das Volk“ finden.
Documenta in Kassel: Resümee
Insgesamt ziehe ich ein positives Resümee aus der diesjährigen Documenta: sehr viele innovative Werke, allesamt umgeben von subtiler oder direkter Gesellschafts- und Sozialkritik, niemals wertfrei und doch manchmal nicht wertend. Wer sich für bildende Künste und zeitgenössische Kunst interessiert, kommt an der Documenta in Kassel nicht vorbei.
Bildnachweis:
Titelbild: Michel Auder, The Course of Empire, 2017, Vierzehnkanal-Digitalvideo-installation, Ehemaliger unterirdischer Bahnhof (KulturBahnhof), Kassel, documenta 14, Foto: © Jasper Kettner, Weitere Fotos: #1 © Liz Eve, #2 © Roman März, #3 © Michael Nast, #4 © Mathias Völzke, #5 © Roman März